Der Bobtail (OES)


Ursprung und Geschichte

Der große, Bobtail ist der Urtyp des englischen Hirtenhundes. Mit seinem zottigen Fell aus langen grau-blauen Haaren scheint er wie geschaffen für die nebelige schottische Moorlandschaft. Sein Pelz ist so warm, dass man ihn früher schor wie die Schafe, die er bewachte, um aus seiner Wolle Decken zu weben; sie galten als sehr warm und unverwüstlich.
Das besondere Aussehen des Bobtail hat zahlreiche englische Maler inspiriert. So sieht man ihn beispielsweise auf einem Gemälde von Thomas Gainsborough; darauf begleitet er einen Herzog von Buccleuth, einen Angehörigen eines alten schottischen Adelsgeschlechts; ein berühmtes Bobtailbildnis hat auch Philip Reinagle geschaffen. Im Englischen bedeutet bobtail Stummelschwanz. Vermutlich um einer Steuer zu entgehen, mit der einst in England Luxushunde belegt wurden, schnitt man diesen Schäferhunden die Rute ab. Diese Verstummelung wies sie als Gebrauchshunde aus, zeigte an, dass es sich um Hütehunde handelte, deren Aufgabe Anfang des 18. Jahrhunderts im wesentlichen darin bestand, Rinder und Schafe zu den Märkten zu treiben. Die schweren, kräftigen Bobtails flößten allen Räubern Angst ein. Deshalb setzte man sie auch für die Bewachung von Herden und sogar Ställen ein.

Dieser temperamentvolle Hund ist überaus liebenswürdig und spielt für sein Leben gern mit Kindern. Er beschützt sie mit großer Fürsorge. Die Amerikaner nennen ihn bezeichnenderweise nanny dog, was soviel heißt wie vierbeiniges Kindermädchen. Aber dieses gutmütige Kindermädchen hat seine frühere Tätigkeit als Hirtenhund offenbar noch nicht ganz vergessen. Trotz der langen Haare, die ihm über das Gesicht fallen, entgeht nichts seinem wachsamen Auge. Wenn er als Schäferhund arbeitete, sah er sofort, wenn sich die Herde nicht in die gewünschte Richtung bewegte oder auseinanderlaufen wollte, und griff ein.

Diese Begabung zeigt sich auch, wenn er als Familienhund gehalten wird. Bleiben beim Spazieren gehen seine Menschen nicht zusammen, läuft er so lange von einem zum anderen, bis wieder alle beieinander sind. Seine Stimme klingt brüchig wie eine geborstene Glocke und hat einst ihre Wirkung auf das Vieh gewiss nicht verfehlt. Sein etwas schwer fälliger Gang erinnert an den des Bären.

Wie dieser legt er im Schritt und im Trab den Passgang ein, das heißt, er bewegt die Beine einer Körperseite gleichzeitig nach vorn. Im Galopp hingegen, wenn ihn sein langes Haar umweht und er seine ganze Kraft entfaltet, wirkt er ausgesprochen elegant.
An die Rolle des Begleithundes, in die er Anfang des Jahrhunderts übergewechselt ist, hat sich der Bobtail gut gewöhnt. Er ist etwas phlegmatisch geworden und weiß Bequemlichkeit zu schätzen. Wegen seines dicken Fells mag er keine große Hitze, und wie auch früher als Hirtenhund liebt er es, im Freien umherzutollen.

Zur Geschichte:

Der Bobtail scheint vor sehr langer Zeit aus verschiedenen Schäferhunderassen hervorgegangen zu sein. Wahrscheinlich stammt er von den heute ausgestorbenen alten italienischen Mastiffs ab, die die Römer auf ihrem Eroberungszug mit nach Britannien brachten. Die Rasse entwickelte sich in Großbritannien, wo man den Bobtail als den ältesten bodenständigen Hirtenhund ansieht. Während des Hundertjährigen Krieges wurden andere Hirtenhunde, so der russische Oftscharka und der ungarische Puli, vielleicht aber auch der französische Briard, eingekreuzt.
In Großbritannien war die Rasse bereits im 18. Jahrhundert gefestigt. Seine heutige Gestalt erhielt der Bobtail durch die englischen Züchter, die ihn seit Beginn des Jahrhunderts vor allem nach ästhetischen Gesichtspunkten veredelten. In Großbritannien wurde die Rasse 1888 offiziell anerkannt.

 

Zur Geschichte des Old English Sheepdogs

1771 taucht ein allererstes Bild mit einem OES auf, gemalt von Gainsborough, das den Duke of Buccleuch mit einem rasseähnlichen Hund zeigt. 1873 werden zum erstenmal drei OES auf einer Ausstellung in Birmingham gezeigt. Die wirkliche Entstehung der Rasse dürfte etwa zwischen diesen beiden Zeitmarken liegen.
 
Englische Schäfer und Treiber, die ihre Schafs- und Rinderherden behüteten oder zum Markt trieben, benötigten für diese Aufgaben kräftige, ausdauernde Hunde. Oftmals reisten die Treiber nach dem Verkauf der Herde per Postkutsche wieder zurück und überließen die Hunde ihrem Schicksal. Diese wiederum paarten sich mit anderen auf ihrem Weg nach Hause. So bildete sich die heutige Rasse völlig natürlich, rein aus Sicht der Eignung für die Aufgabe als Arbeitshund. Dabei spielte auch die Entwicklung des Fells eine wesentliche Rolle, da es die Hunde vor allen Wetterwidrigkeiten perfekt schützte. Ob Winter, Sturm, Nebel, Regen oder Sonnenschein. Frühe Fotos zeigen bereits eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den heutigen Exemplaren der Rasse, welches dokumentiert, daß verantwortungsbewußte Züchter den Charakter weitestgehend erhalten haben. Sicherlich ist das Fell heute länger geworden, aber das Typische ist geblieben. Und sieht man vom Fell mal ab, so sind Übertreibungen und Qualzüchtungen Fremdworte in dieser Rasse. Um das übliche Kupieren der Rute ranken sich viele Geschichten und Legenden. So sollen Arbeitshunde von der Steuer befreit gewesen sein, und das Kupieren kennzeichnete eben einen Arbeitshund. Einige wenige Bobtails, übersetzt heißt das etwa "Stummelschwanz", wurden und werden bereits ohne Rute geboren. Andere Geschichten berichten von einer gewollten Bewegungseinschränkung, um das Jagen von Kleinwild zu unterbinden. Seit dem 1. Juni 1998 hat sich die deutsche Regulierungswut auch der Hunderuten angenommen. Da man offensichtlich die wirklichen Tierschutzprobleme nicht lösen kann, hat man mit dem Kupierverbot ein kleines Problem lösen wollen. Die Züchter haben dieses widerstandlos hingenommen und wachen gegenseitig auf Einhaltung. Wer dagegen verstößt, muß mit Denunziation und anonymen Anzeigen rechnen. Wie auch immer, die belassene Rute verändert das Erscheinungsbild und das typische rollende Gangwerk des OES doch sehr erheblich.  
 
Seit der ersten Ausstellung im vorigen Jahrhundert, ist die Rasse von den Ausstellungen nicht mehr wegzudenken. Aber nicht nur auf Ausstellungen macht der Bobtail Furore, sondern nach wie vor beweist er seine Qualitäten als Arbeitshund. Es gibt Vertreter dieser Rasse, die im Rettungsdienst, als Fährtenhund, im Breitensport (Agility, Flyball, Obedience) ihre Qualitäten beweisen. Darüber hinaus bewährt sich der OES als Familienhund, wobei er die Familie als seine Herde betrachtet, sie zusammenhält, beschützt und sich selbst als vollwertiges Familienmitglied fühlt.Zweimal in diesem Jahrhundert war die Rasse bedroht: die beiden Weltkriege dezimierten das Zuchtpotential in Großbritannien erheblich. Vor dem zweiten Weltkrieg spielte die Rasse in Kontinentaleuropa keine wesentliche Rolle. Anders dagegen in den USA. Bereits 1904 wurden die ersten vier OES auf der berühmten Westminster Show in New York gezeigt. Der Rassepionier Henry Athur Tilley des weltberühmten Shepton Zwinger verkauft später die Hündin Ch. Bouncing Lass samt Wurf und Vater der Welpen, Ch. Stylish Boy, für eine Rekordsumme in die Vereinigten Staaten. Dort prosperierte die Rasse unabhängig von den Wirren der Kriege in Europa. Spätere Einkreuzungen gaben der Rasse in England und auf dem Kontinent viel Gutes mit auf den Weg in die Zukunft. Mehr und mehr Importe fanden dann nach 1945 auch den Weg in viele europäischen Länder. Mit Beginn der 80er Jahre begann aufgrund einer Werbekampagne eines Farbenherstellers ein regelrechter Boom in Westeuropa, mit allen negativen Begleiterscheinungen, die eine Hunderasse erlebt, wenn sie in Mode kommt. Heute hat sich wieder alles normalisiert und Bobtails sitzen, Gott sei Dank, recht selten in Tierheimen ein oder werden vernachlässigt.
 
Glücklicherweise sind schwere Erkrankungen selten. Die gefürchtete Geisel aller großen Hunderassen, die Hüftgelenksdysplasie, ist weitestgehend zurückgedrängt, kommt aber gelegentlich immer mal wieder vor. Auch erbliche Augenerkrankungen werden durch Untersuchungspflichten rigoros bekämpft, so daß die Rasse auch heute am Rande des 21. Jahrhunderts weitgehend gesund und ursprünglich erhalten geblieben ist. Die Zucht liegt überwiegend in den Händen von Hobby-Züchtern, die sich meist intensiv um ihre Zuchtplanung bemühen und durch die offenen Grenzen Tiere aus ganz Europa dafür einsetzten. Es gibt auch Importe aus den USA, Kanada und dem Heimatland England. Die Quarantänebestimmungen sind gelockert, teilweise aufgehoben, so daß ein leichterer Import und Export von Zuchttieren nun möglich ist. (Quelle: OES) 

 

Finn

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